FIfF-Kommunikation 1/2018 erschienen
Schwerpunkt ist die FIfF-Konferenz 2017 in Jena: TRUST – Wem kann ich trauen im Netz und warum?
Die erste Ausgabe im neuen Jahr ist wieder der FIfF-Konferenz des Vorjahrs gewidmet. Vom 20. bis zum 22. Oktober 2017 trafen wir uns in Jena unter dem Leitmotiv TRUST – Wem kann ich trauen im Netz und warum? Die Bedeutung des Vertrauens thematisierten wir im Verlauf der Tagung, und wir thematisieren sie in der Ausgabe 1/2018 in einem umfassenden Schwerpunkt.
Zu den Beiträgen gehören Hannes Mehnerts Wem müssen wir beim Benutzen von Software vertrauen?, Lutz Hasses Vertrauen – Fortschritt – Kontrolle, Thomas Grubers Die Marschrichtung im Cyber- und Informationsraum, Frank Geyers Nutzung von Daten aus sozialen Netzwerken im Umfeld der zivilen Sicherheit, Tobias Kraffts Qualitätsmaße algorithmischer Entscheidungssysteme in der Kriminalprognostik und Sylvia Johnigks Herausforderungen an das Identitätsmanagement, allen Rollen gerecht zu werden.
FIfF wirkt – ein langer Blick zurück– Benjamin Kees, Rainer Rehak und Stefan Hügel stellen die wichtigsten Aktivitäten des FIfF im letzten Jahr zusammen. Außerdem kommentieren Hans-Jörg Kreowski Die Cyberpeace-Kampagne des FIfF und Kai Nothdurft Attribution von „Cyber“-Angriffen durch Politik und Medien. Carlo Schäfer arbeitet in Spam und Cybercrime im Jahre 2017 seine Anti-Spam-Demonstration im Foyer des Tagungsgebäudes auf, es gibt eine Zusammenfassung der Konferenz-Eröffnung sowie Berichte zu den Workshops.
Der aktuelle Teil enthält zunächst einen Bericht des von Dietrich Meyer-Ebrecht geleiteten Projektteams über TDRM – Tihange–Doel Radiation Monitoring. „Subversiv greift das Projekt dort ein, wo das Vertrauen in Behörden und Industrie verloren gegangen ist, wo ernsthafte Zweifel angebracht sind, ob die im Gefahrenbereich lebenden Bürgerinnen und Bürger frühzeitig über bedrohliche Entwicklungen informiert werden würden. So erfüllt unsere Technik ein drängendes Informationsbedürfnis der im Gefahrenbereich lebenden Menschen und unterstützt gleichzeitig den Bürgerprotest und die politische Arbeit gegen den Weiterbetrieb der maroden Atomreaktoren“, so beschreiben die Autoren die Zielsetzung von TDRM. Das Projekt ist ein Beispiel dafür, wie wir Technik zum Nutzen der Zivilgesellschaft einsetzen können, wenn die eigentlich zuständigen Behörden versagen.
Mit der Messung von Radioaktivität mit anderem Ziel befasst sich der darauffolgende Beitrag von Moritz Kütt und Alex Glaser: Retrocomputer für Abrüstungsverifikation und eine kernwaffenfreie Welt. „Im Rahmen einer zukünftigen Abrüstung von Kernwaffen müssen Sprengköpfe vor ihrer Zerlegung als authentische Sprengköpfe bestätigt werden. Das erfordert vertrauenswürdige Messsysteme, die diese Identifikation anhand von radioaktiven Signaturen vornehmen können. Verschiedene solche Systeme existieren, bei allen ist jedoch die vertrauenswürdige Datenverarbeitung problematisch“, so die Autoren zur Zielsetzung ihres Projekts.
Der Hessentrojaner ist das erste große tagespolitische Thema im neuen Jahr – das neue Hessische Verfassungsschutzgesetz, das unter anderem den Einsatz von Trojanern in Form verdeckter Quellen-TKÜ vorsieht. Das Gesetz wurde von der hessischen Regierungskoalition aus CDU und Grünen – letztere offenbar gegen erhebliche Bedenken in der eigenen Partei – initiiert und war Gegenstand einer Anhörung in Wiesbaden, zu der auch wir geladen waren. Unser Sachverständiger Rainer Rehak machte deutlich, welche Folgen solch ein Gesetz für die Vertraulichkeit und Integrität unserer IT-Infrastruktur haben würde. Für die Gesetzesinitiative wurde – nach Redaktionsschluss – zu Recht der BigBrotherAward verliehen; es zeigt, dass inzwischen auch die einstige Bürgerrechtspartei Bündnis 90/Die Grünen kein Garant mehr für eine Politik ist, die die Grundrechte in den Vordergrund des politischen Handelns rückt.
Eine Bewertung der Asilomar AI Principles zu Künstlicher Intelligenz hat Malte Rehbein vorgenommen. Er bemängelt eine „… technikdeterministische[n] und rein utilitaristische[n] Sichtweise auf den Einsatz von KI-Technologien …“, die viele Fragen offenlasse und fordert: „Eine ethische Bewertung, rechtliche Regelung und konsequente politische Regulierung, die sowohl den Einsatz als auch bereits die Entwicklung von KI umfassen, sind dringend geboten.“ Ein Bericht von einer Podiumsdiskussion der Zeitschrift Wissenschaft & Frieden – Angriff und Verteidigung in der Ära des Cyberkriegs – und die Forderungen der Kampagneabrüsten statt aufrüsten runden die Rubrik ab.
John Perry Barlow, der am 7. Februar 2018 70-jährig verstorben ist, gedenken wir mit dem Abdruck seiner Declaration of the Independence of Cyberspace in der Retrospektive.