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PM zur ePrivacy-Verordnung: EU-Regierungen wollen flächendeckend elektronische Überprüfung persönlicher Kommunikation ermöglichen

Pressemitteilung vom 22.01.2019

Mitglieder von Vereinen und Verbänden kritisieren nach einem Gespräch mit Vertretenden des Justiz- und des Wirtschaftsministeriums die aktuellen Änderungen am Entwurf einer ePrivacy-Verordnung. Der Schutz von Betroffenen vor Online-Tracking in Internet-Anwendungen soll durch die jüngsten Änderungen erheblich geschwächt und mit Hilfe einer Öffnungsklausel die Möglichkeit standardmäßiger, elektronischer Filter für persönliche Kommunikation geschaffen werden.
 
Die Bundesregierung tritt nach eigenen Aussagen in den Verhandlungen zur ePrivacy-Verordnung für Verbesserungen des letzten Vorschlags der österreichischen Ratspräsidentschaft ein, wie für die Begrenzung der zweckfremden Nutzung von Kommunikationsdaten oder datenschutzfreundliche Voreinstellungen in Browsern.
 
Einige EU-Regierungen wollen nun aber mit der Einführung der ePrivacy-Verordnung Internetverbindungen, E-Mails und Chat-Nachrichten auf unzulässige Inhalte durchsuchen lassen. Zum Auffinden von „kinderpornografischen“ und „terroristischen“ Inhalten sollen Internetprovider, E-Mail-Anbieter und Anbieter von Messaging-Diensten nach eigenem Ermessen die Internetnutzung und versandte Nachrichten ihrer KundInnen verdachtslos und flächendeckend filtern dürfen. Das in der geplanten ePrivacy-Verordnung vorgesehene Telekommunikationsgeheimnis soll insoweit aufgehoben werden. Durch nationale Gesetze könnte diese "E-Mailzensur" zudem verpflichtend eingeführt werden.
 
Bundesministerium der Justiz, CC BY-SA-3.0 Jörg Zägel
Bundesministerium der Justiz, CC BY-SA-3.0 Jörg Zägel
In einem Gespräch auf Einladung des Bundesjustizministeriums gestern in Berlin kritisierten Bürgerrechts- und Datenschutzorganisationen wie etwa das Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung (FIfF) einen solchen Versuch der Prinzipienumkehr scharf. Mit Blick auf übliche Ende-zu-Ende-Verschlüsselungstechnologie sind die insbesondere von Großbritannien vorangetriebenen Pläne, mit denen sich am Donnerstag eine Ratsarbeitsgruppe befassen soll, wirkungslos und kontraproduktiv, so die eingeladenen Organisationen.
 
Auch die Ratspläne zur ausufernden Sammlung und Weitergabe von Positions- und Verbindungsdaten durch Telekommunikationsanbieter sowie die Erlaubnis, das Surfverhalten von Menschen für Werbezwecke (Tracking) zu durchleuchten, werden kritisch gesehen. Stattdessen forderten die VertreterInnen der Zivilgesellschaft ein Recht auf datenschutzfreundliche Browsereinstellungen, einen besseren Schutz vor Datenweitergabe und Abhören sowie einen zügigen Abschluss der verschleppten ePrivacy-Reform.
„Auch die Fokussierung auf das nachweislich untaugliche Schutzkonzept der 'Einwilligung' ist sehr zu kritisieren. Wir als Gesellschaft sollten lieber generelle Grenzen für Tracking und Profilbidung einziehen, damit alle Menschen geschützt werden und nicht nur die, die sich datenschutzfreundliche Produkte leisten können.“ ergänzt Rainer Rehak, Informatiker und stellvertretender Vorsitzender des FIfF.
Das federführende Wirtschaftsministerium stellte auch ein baldiges Nachfolgegespräch in Aussicht. Öffentlich wurde vielfach kritisiert, dass bislang fast nur mit Wirtschaftsverbänden über die ePrivacy-Reform gesprochen wurde. Die Mitglieder von Vereinen und Verbänden begrüßen auch, dass nun eine Veröffentlichung der im Rat eingebrachten Formulierungsvorschläge der Bundesregierung geprüft wird.
 
Der Wille scheint in der Regierung weiterhin groß zu sein, die ePrivacy-Verordnung zu einem Abschluss zu bringen. Aus Sicht der Verbände ist das überfällig. Die Vertretenden der Vereine und Verbände fordern, digitale Bürgerrechte zu respektieren und zu stärken, wie im Verordnungsentwurf des Europäischen Parlaments vorgesehen. 
 
An dem Gespräch teilgenommen hatten Vertreter vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung (AK-Vorrat), Berufsverband der Datenschutzbeauftragten Deutschlands (BvD), Deutsche Vereinigung für Datenschutz (DVD), die Datenschützer Rhein Main, Digitalcourage, Digitale Gesellschaft, Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung (FIfF), ISOC.DE, Netzwerk Datenschutzexpertise und der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv).
 
Pressekontakt:
Rainer Rehak
rainer.rehak [ät] fiff.de
 
Weitere Informationen: 

 

Das Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung (FIfF) e. V.

Das Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung (FIfF) e. V. ist ein deutschlandweiter Zusammenschluss von knapp 700 Menschen, die sich kritisch mit Auswirkungen des Einsatzes der Informatik und Informationstechnik auf die Gesellschaft auseinandersetzen. Unsere Mitglieder arbeiten überwiegend in informatiknahen Berufen, vom IT-Systemelektroniker bis hin zur Professorin für Theoretische Informatik. Das FIfF wirkt seit 1984 in vielen technischen und nichttechnischen Bereichen der Gesellschaft auf einen gesellschaftlich reflektierten Einsatz von informationstechnischen Systemen zum Wohle der Gesellschaft hin. Zu unseren Aufgaben zählen wir Öffentlichkeitsarbeit, sowie Beratung und das Erarbeiten fachlicher Studien. Zudem gibt das FIfF vierteljährlich die „FIfF-Kommunikation – Zeitschrift für Informatik und Gesellschaft“ heraus und arbeitet mit anderen Friedens- sowie Bürgerrechtsorganisationen zusammen.