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AG 3

Informatik und Gesellschaft –
Resurrection of the Dead oder Flug des Phönix?


Organisation:
Karl-Heinz Rödiger und Karsten Weber


Nachdem aufgrund einer bestimmten politischen Grundstimmung in den 1970er und 1980er Jahren das Themenfeld der Informatik und Gesellschaft (IuG) zumindest fachintern Aufmerksamkeit fand und die Diskussionen um das Verhältnis von Informatik als Fachwissenschaft und Ort der Entwicklung informationstechnischer Artefakte auf der einen Seite und Gesellschaft als Ort, an dem die Wirkungen jener Artefakte greifen, auf der anderen Seite wertvolle Erträge zeitigten, ist es derzeit eher still geworden um Informatik und Gesellschaft. Zwar hat sich die Gesellschaft für Informatik 1994 Ethische Leitlinien gegeben, die zu Beginn des neuen Jahrtausends überarbeitet wurden, doch ansonsten gelingt es kaum noch, breite Öffentlichkeiten für IuG-Themen zu interessieren – dies lässt sich paradigmatisch am Thema der Online-Durchsuchung und anderen Fragen im Umfeld von Privatsphäre und Datenschutz erkennen: War es 1987 beinahe Volkssport, durch alle politischen und sozialen Schichten hinweg, die Volkszählung zu unterlaufen, reduziert sich heute der Protest gegen Einschränkungen der Privatsphäre und des Datenschutzes in erster Linie auf Äußerungen in den Medien. Auch die fachwissenschaftliche Debatte hierzu ist, zumindest oberflächlich, fast zum Stillstand gekommen.

Dabei zeigen gerade Themen wie die Online-Durchsuchung, dass die Fragen aus dem Themenfeld Informatik und Gesellschaft nach wie vor hoch aktuell sind. Doch können berechtigte Zweifel daran erhoben werden, ob sie mit den Konzepten beantwortet werden können, die in den 1970er und 1980er Jahren entwickelt wurden. Viele der angebotenen Lösungen setzen, wenn auch eher implizit als explizit, auf einen grundlegenden gesellschaftlichen Wandel und den Umbau der Wirtschaftsweise, doch konkrete und praktikable Lösungen für konkrete Probleme wurden eher selten entwickelt, wenn es um die zentralen Fragen von IuG ging.

Dieses Defizit konnte natürlich nicht ohne Wirkung bleiben: Inzwischen ist IuG innerhalb der Informatik institutionell nur noch sehr schwach verankert, andere Disziplinen behandeln das Thema ebenfalls eher randständig, vor allem aber in aller Regel sehr praxisfern. Daher ist die Frage zu stellen, wie IuG innerhalb der Informatik in Zukunft thematisiert werden sollte: Der Rückgriff, so die provokante These des Workshop-Titels, auf die Konzepte aus den Anfangszeiten von IuG bedeutet die Wiedererweckung der Toten – und führt möglicherweise zu ähnlich absurden Ergebnissen, wie in Ed Woods skurrilem B-Movie Plan 9 from Outer Space. Eine weitere Alternative wird durch den Filmtitel Der Flug des Phönix angedeutet: Nutzung funktionierender Ideen und Konzepte aus IuG, Neukombination und Anpassung an bestehende Verhältnisse. Die dritte Alternative taucht nicht mehr im Titel des Workshops auf: Die Entwicklung ganz neuer Konzepte oder doch zumindest die Adaption von Ideen aus anderen Disziplinen als der normativ orientierten Philosophie und Soziologie.

Der Workshop soll dazu dienen, diese drei Alternativen auszuloten, ihre Gangbarkeit zu evaluieren und Vorschläge zu entwickeln, wie IuG in Zukunft aussehen könnte. Hierbei sind sowohl theoretisch gelagerte als auch empirisch gestützte Beiträge erwünscht, wobei aber immer die Weiterentwicklung des Themenfeldes und nicht Detailfragen im Vordergrund stehen sollen.