FIfF Jahrestagung 2007: Datensammelwut
Samstag, 13. Oktober 2007, 11 - 22 Uhr Ravensberger Spinnerei, Bielefeld
Die meisten Menschen in Deutschland, soweit sie das Kindesalter überschritten haben, hinterlassen unzählige Datenspuren mit jedem Telefonat, jeder SMS, jeder E-Mail, jeder Überweisung, jedem Gebrauch von Kreditkarten, EC-Karten und Kundenkarten aller Art, jedem Vorbeigehen an einer Videokamera, jedem Ausfüllen und Abschicken eines Internet-Formulars und bei vielen anderen Aktivitäten und Gelegenheiten. Das wäre nicht so schlimm, wenn diese Daten nicht in vielfältiger Weise von Staat und Wirtschaft aufgezeichnet, verknüpft und verwendet würden oder werden könnten für Kunden-, Bewegungs- und Persönlichkeitsprofile, zur Kontrolle, Überwachung und Ausspähung. Datenschutz, der Schutz der Privatsphäre und andere Grundrechte bleiben dabei häufig auf der Strecke.
Und der Hunger von Polizei,
Geheimdiensten, anderen staatlichen Einrichtungen und in der Wirtschaft
nach Daten der Bürgerinnen und Bürger bleibt unersättlich. In mehreren
Staaten der Europäischen Union werden inzwischen bereits alle
Telekommunikationsdaten hinsichtlich Sender und Empfänger mindestens
sechs Monate als Vorratsdaten gespeichert. Um vielleicht einen
Kriminellen leichter zu überfuehren, werden also 200 von den 450
Millionen Menschen in der EU unter Generalverdacht gestellt. Der
US-amerikanische Geheimdienst verlangt über alle europäischen
Fluggäste, die die USA besuchen, eine umfangreiche Datensammlung, die
selbst die Essenswahl während des Fluges und das Reisebuero, in dem das
Ticket gekauft wurde, umfassen. Der deutsche Innenminister wünscht sich
die dauerhafte Verfügbarkeit aller Fingerabdrücke, die in den
Meldestellen bei der Ausstellung eines Passes neuerdings abgenommen
werden. Am liebsten hätte er sicherlich noch den "genetischen
Fingerabdruck" aller 80 Millionen Deutschen, damit jedes weggeworfene
Taschentuch und jede Zigarettenkippe persönlich zugeordnet werden
können. Die Datensammelwut hat längst die Grenze des Zumut- und
Hinnehmbaren überschritten. Ob sie zu mehr Sicherheit führen kann, ist
ungewiss und eher unwahrscheinlich. Die Freiheit wird aber auf jeden
Fall geopfert. Der Bundesdatenschutzbeauftragte kritisiert in seinem
jüngst vorgelegten Datenschutzbericht, dass auf staatlicher Seite immer
neue Ideen entwickelt werden, Daten zu sammeln ohne Ruecksicht und
Beachtung der Grundrechte. Er beklagt aber auch, wie leichtfertig und
gedankenlos viele Bürgerinnen und Bürger Informationen privater Art zur
Verfügung stellen.
Auf der 23. FIfF-Jahrestagung am 13. Oktober
2007 soll das Thema "Datensammelwut" ins Zentrum der Diskussion
gestellt werden. Im historischen Saal der Ravensberger Spinnerei in
Bielefeld werden am Freitag, den 12. Oktober 2007, abends die Big
Brother Awards (BBA) an die schlimmsten "Datenkraken" des Jahres
vergeben. Diesen Faden nimmt die FIfF-Tagung am selben Ort auf. Das
inhaltliche Programm (siehe Uebersicht) beginnt am Samstag um 14 Uhr
mit dem Eroeffnungsvortrag von padeluun, dem bekannten Bielefelder
Kuenstler, Netzaktivisten und Vertreter des FoeBuD. Von 15 bis 17 Uhr
werden parallele Arbeitsgruppen stattfinden. Um 17 Uhr hält Constanze
Kurz (Humboldt-Universitaet zu Berlin und CCC) den zweiten Hauptvortrag
über Biometrische Vorratsdatenspeicherung. Der Abend ist dann dem
informellen Austausch und einem kulturellen Programm vorbehalten.
Die
alljährliche Mitgliederversammlung, bei der in diesem Jahr auch
Vorstandswahlen durchgefuehrt werden, ist vor dem inhaltlichen Programm
für Samstag von 11 bis 13 Uhr angesetzt. Wir hoffen, dass dadurch viele
Mitglieder teilnehmen können, ohne dass sich Nichtmitglieder
zwischendrin ausgeladen fühlen.
Wer sich an der weiteren
Vorbereitung beteiligen oder eine Arbeitsgruppe organisieren möchte,
wer noch Anregungen und Wünsche z.B. für das Samstagabendprogramm hat,
möge sich bitte einfach per E-Mail melden. Die Kontaktadressen sind
FIfF-Geschäftsstelle | FIfF-Jahrestagung 2007 |
Goetheplatz 4 | c/o Hans-Jörg Kreowski |
28203 Bremen | Universität Bremen |
Tel.: 0421 - 33 65 92 55 Fax: 0421 - 33 65 92 56 fiff@fiff.de | Fachbereich Mathematik/Informatik OAS 3001 Linzer Straße 9a 28359 Bremen |
E-Mail: 2007@fiff.de | E-Mail: kreo@fiff.de |
Anmeldung: 2007@fiff.de
Tagungsort: Ravensberger Spinnerei, Ravensberger Park 1, 33607 Bielefeld
Übernachtung: Hotels und Jugendgästehaus Stadtplan
Der
FIfF-Vorstand lädt alle Interessierten herzlich ein und hofft auf viele
Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Der Eintritt ist frei. Entsprechend
schlank müssen Organisation und Service bleiben. Speis und Trank werden
wir aber zum Selbstkostenpreis bereitstellen.
Programmübersicht FIfF-Jahrestagung 2007
Samstag, 13. Oktober
11 - 13 Uhr Mitgliederversammlung
13 - 14 Uhr Anmeldung zur Tagung
14 - 15 Uhr Hauptvortrag von padeluun (FoeBuD e.V., Bielefeld)
Daten fordern Menschenschutz -
Warum "Datenschutz" das falsche Wort für eine richtige Idee ist
15 - 17 Uhr Arbeitsgruppen
Arbeitsgruppe 1: Diskussion und Planung einer FIfF-Kampagne zur Datensammelwut (Moderation: Werner Hülsmann)
Arbeitsgruppe 2: Die Zukunft der FIfF-Kommunikation
17 - 18 Uhr Hauptvortrag von Constanze Kurz (Humboldt-Universität zu Berlin)
Biometrische Vorratsdatenspeicherung
18 - 22 Uhr nettes Beisammensein mit Kulturprogramm
geplante Beiträge
"Weizenbaum, Rebel at Work"
Dokumentarfilm von Silvia Holzinger und Peter Haas (Il Mare Film);
"In der Datenfalle"
PowerPointParodie von Hans-Jörg Kreowski