Qualität des Lernens im Internet
Hermann Astleitner: Qualität des Lernens im Internet. Virtuelle Schulen und Universitäten auf dem Prüfstand. Frankfurt/Main: Peter Lang, 2002. ISBN 3-631-38982-5, 184 S.
Rezension von Ealf E. Streibl
Der Autor, Erziehungswissenschaftler an der Universität Salzburg, versucht in seinem Buch Standards und Qualitätssicherungsmaßnahmen der internationalen erziehungswissenschaftlichen Forschung zu webbasierten Lernumgebungen zu identifizieren. Seine Beispiele bezieht er dabei vor allem aus dem angloamerikanischen Raum. Anders als in vielen anderen Publikationen zum Modethema „Internet und Bildung“ bzw. allgemeiner „Computer und Lernen“ verfällt Astleitner nicht in euphorische Schilderungen dessen, was durch die Technik nun alles machbar wird.
Nicht die Möglichkeiten, die das Medium technisch gesehen bietet, sondern die Qualität des Lehrens und Lernens stellt Astleitner in den Mittelpunkt seiner Betrachtung. Seiner Ansicht nach muss bei der Behandlung dieses Themas der Fokus der Aufmerksamkeit auf den Menschen und seine individuellen kognitiven, motivationalen und emotionalen Prozesse gerichtet sein. Folgerichtig verschweigt Astleitner – anders als andere – auch nicht die großen Probleme, mit denen manche Projekte zu kämpfen haben. Dazu gehört beispielsweise, dass die Lernenden Fernstudienmaßnahmen oft vorzeitig verlassen (Dropout-Raten von 95% und mehr bei Studien mit hohem Schwierigkeitsgrad wie z.B. Informatik). Erfreulich vorsichtig bleibt Astleitner auch bei der Frage, ob webbasierte Lernumgebungen zur Förderung höherer Denk- und Lernprozesse im Sinne eines Kritischen Denkens beitragen können. Ausgehend von einer allgemeinen Betrachtung der – oft wenig erfolgreichen – Förderung Kritischen Denkens im Unterricht thematisiert er Bedingungen, unter denen neue Medien eventuell Hilfestellungen bieten können. Nicht nur hier verweist er jedoch auch auf die notwendige Betrachtung sozialer Lernprozesse bei Planung und Einsatz webbasierter Lernumgebungen. Auch wenn das Werk in manchen Teilkapiteln etwas aufzählungshaft wirkt und teilweise auch klarere Stellungnahmen und Bewertungen von Beispielen wünschenswert wären, kann man das Buch auf jeden Fall als eine Bereicherung des explodierenden Buchmarktes zu diesem Themenfeld ansehen. Manchem Macher webbasierter Lernumgebungen sei es vor dem Basteln zur Lektüre empfohlen – am besten schon vor dem Schreiben entsprechender Förderanträge. Hektischer Aktionismus und der Glauben an die Potenz des Mediums führen nicht zu brauchbaren Systemen. Qualitätsevaluation dient für Astleitner in diesem Sinne nicht nur als Selbstzweck, um hinterher aufzuräumen, sondern vielmehr als Instrument, die Bedürfnisse der am Bildungsprozess beteiligten Gruppen expliziter zu machen.
Hermann Astleitner: Qualität des Lernens im Internet. Virtuelle Schulen und Universitäten auf dem Prüfstand. Frankfurt/Main: Peter Lang, 2002. ISBN 3-631-38982-5, 184 S.