Europäische Bürgerinitiative für eine Zukunft ohne biometrische Massenüberwachung
PM vom 10.3.2021: FIfF unterstützt das Bündnis „Reclaim Your Face“ bei der offiziellen Europäischen Bürgerinitiative (EBI) zum Verbot biometrischer Massenüberwachung. Mehr als 40 europäische Organisationen rufen ebenfalls dazu auf.
Während die Europäische Kommission neue Gesetze zur Regulierung Künstlicher Intelligenz (KI) vorbereitet, warnt das Bündnis von Digital- und Menschenrechtsorganisationen vor den Gefahren von biometrischer Massenüberwachung für die Freiheit und Würde der Bürger:innen. Mit der Europäischen Bürgerinitiative (EBI) fordern Europäische Bürger:innen neue gesetzliche Rahmenbedingungen einschließlich eines Verbots von biometrischer Massenüberwachung. Hier unterschreiben.
Bürger:innen vor der Verarbeitung ihrer biometrischen Daten schützen
Biometrische Daten sind hochsensible Informationen über unsere Körper und unser Verhalten. Es sind Daten über unsere Gesichter, Augen, Venen, Stimmen, unseren Gang und unser Verhalten. Dazu gehört beispielsweise, wie Menschen auf einer Tastatur tippen oder mit ihrer Augenbewegung ein Bild erfassen. Wir können anhand biometrischer Daten identifiziert und analysiert werden und wir können diese Daten nicht einfach ändern. Daher sind biometrische Daten besonders zu schützen.
Grundsätzlich
sind der Verarbeitung von biometrischen Daten in der EU bereits enge
Grenzen gesetzt. Jedoch lässt das EU-Recht einige problematische
Ausnahmen zu. Staatliche Akteure und private Unternehmen nutzen diese
Lücken, um biometrische Überwachungstechnologien in öffentlichen Räumen
zu etablieren oder „zunächst nur zu testen“.
Biometrische Überwachung in der EU
Das Bündnis „Reclaim Your Face“ konnte bereits zeigen, dass biometrischen Daten von Menschen in ganz Europa systematisch gesammelt, direkt verwendet und auch missbraucht werden. In vielen Fällen geht das Bündnis erfolgreich gegen diesen Missbrauch vor.
Serbische Behörden überwachen die Bevölkerung in den Straßen von Belgrad mit intelligenten Kameras. Italienische Behörden nahmen in der Stadt Como Geflüchtete mit biometrischen Überwachungssystemen ins Visier. Dies wurde für illegal erklärt wurde und trotzdem wird versucht, solche Systeme auch in anderen Städten einzuführen. In Griechenland erwägen die Behörden den Einsatz von biometrischer Überwachung bei Polizeikontrollen. In Frankreich kämpfte die Zivilgesellschaft vor Gericht gegen den Einsatz biometrischer Überwachungstechnologie bei Demonstrationen und an Schulen. In den Niederlanden und Spanien kritisierten die nationalen Aufsichtsbehörden die biometrische Massenüberwachung in Supermärkten.
Biometrische Überwachung in Deutschland
In Deutschland wehrt sich das Bündnis unter anderem erfolgreich gegen polizeiliche Videoüberwachung in Köln und gegen die Überwachung durch die Gesichter-Suchmaschine Clearview AI. Anfang 2020 demonstrierten verschiedene zivilgesellschaftliche Organisationen gemeinsam mit dem FIfF im Bündnis gesichtserkennung-stoppen.de
erfolgreich gegen die Pläne des Innenministeriums, an 149 Bahnhöfen und
Flughäfen Gesichtserkennung einzusetzen. Der entsprechende
Gesetzesentwurf wurde vorerst auf Eis gelegt.
Gegen das verschärfte Sächsische Polizeigesetz, das intelligente
Videoüberwachung und Gesichtserkennung erlaubt, wurde im Dezember 2020 Verfassungsbeschwerde eingelegt. Schon 2018 kritisierten Grundrechtsorganisationen aus Deutschland, Tschechien und Polen die biometrische Videoüberwachung in Grenzgebieten. Auch das FIfF hat sich in die Debatte um den „Überwachungsbahnhof Südkreuz“ lautstark eingemischt.
Was können Bürger:innen tun?
Die Europäische Bürgerinitiative (EBI) muss nun innerhalb eines Jahres eine Million Unterschriften in mindestens sieben EU-Ländern sammeln. Ist die Initiative erfolgreich, landet das Thema auf der politischen Tagesordnung, es gibt eine öffentliche Anhörung im Europäischen Parlament. Außerdem muss die Europäische Kommission ihr weiteres Vorgehen oder ggf. den Verzicht auf Folgemaßnahmen erläutern und einen Zeitrahmen zur Umsetzung der Maßnahmen nennen.
Einzelne Personen können die Bürgerinitiative online unterzeichnen und darüber hinaus selbst Informationsfreiheitsanfragen stellen oder Unternehmen nach den bei ihnen gespeicherten personenbezogenen Daten fragen, um zu dokumentieren, wo und wie heute schon biometrisch überwacht wird. Andere Organisationen können die Initiative ebenfalls unterstützen.
Bei Fragen zu dieser Pressemitteilung wenden Sie sich bitte an
Rainer Rehak: E-Mail: rainer [punkt] rehak [ät] fiff.de
Betreff: „Reclaim Your Face – PM vom 10.3.2021“
PGP: 0D66 63E5 70A3 964A EE60 D927 4427 CFE5 8C19 AE19
Über das FIfF
Das Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung (FIfF) e. V. ist ein deutschlandweiter Zusammenschluss von Menschen, die sich kritisch mit Auswirkungen des Einsatzes der Informatik und Informationstechnik auf die Gesellschaft auseinandersetzen. Unsere Mitglieder arbeiten überwiegend in informatiknahen Berufen, vom IT-Systemelektroniker bis hin zur Professorin für Theoretische Informatik. Das FIfF wirkt in vielen technischen und nichttechnischen Bereichen der Gesellschaft auf einen gesellschaftlich reflektierten Einsatz von informationstechnischen Systemen zum Wohle der Gesellschaft hin. Zu unseren Aufgaben zählen wir Öffentlichkeitsarbeit sowie Beratung und das Erarbeiten fachlicher Studien. Zudem gibt das FIfF vierteljährlich die „FifF-Kommunikation – Zeitschrift für Informatik und Gesellschaft“ heraus und arbeitet mit anderen Friedens- sowie Bürgerrechtsorganisationen zusammen.