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Klage zu „kriminalitätsbelastetem Ort“ in Berlin, Rigaer Straße – Spendenaufruf


Wir sammeln aktuell Geld, um bislang nicht-öffentliche Informationen über polizeiliches Handeln in Berlin (Stichwort „Gefahrengebiet“ Rigaer Straße) auf dem Rechtsweg zu erstreiten, um es diskutierbar zu machen. Bitte helft uns dabei mit Eurer Spende, auch wenn es nur zehn Euro sind. Rechtsstreits sind zwar teuer, aber manchmal nötig, um gesellschaftlich-politische Fragen grundsätzlich und rechtlich zu entscheiden. „Wir“ sind das Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung (FIfF).

Allgemeiner Hintergrund

Mit Informationsfreiheitsgesetzen (IFG) sollen Bürger*innen ein Mittel an die Hand bekommen, um behördliches Handeln offenzulegen und damit transparent und diskutierbar zu machen. Die Gesetze sollen also helfen, die strukturelle Machtasymmetrie zwischen Staat und Individuum zu verringern. Dies ist mit den Möglichkeiten digitaler Informationsverarbeitung ohne größeren Aufwand möglich und somit gesellschaftlich wünschenswert, ja sogar notwendig für eine Weiterentwicklung demokratischer Strukturen.
 
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Wenn jedoch nur IFG-Anfragen nach dem Kaffeeverbrauch von Ministerien beantwortet werden, nicht aber nach tatsächlich relevanten Dokumenten staatlichen Handelns, dann wird der Kern dieser Gesetze konterkariert. Kritische Informationen bleiben im Geheimen, der Bürger bleibt schwach.

Konkreter Anlass: Rigaer Straße, Berlin

So auch in unserem konkreten Fall, wo es um die Ausdehnung sogenannter kriminalitätsbelasteter Orte“ nach dem Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG) in Berlin geht. In diesen Bereichen besitzt die Polizei erweiterte Befugnisse und brandmarkt diese zugleich als Problemzone: Sie kann unter anderem Personen ohne weiteren Anlass durchsuchen, festsetzen, Personalien feststellen und auch die Durchsuchung von Sachen und Objekten durchführen. Aktuell sind die konkrete Einstufung als kriminalitätsbelasteter Ort“ und dessen Ausdehnung in Berlin schlicht geheim. Niemand kann wissen, ob man sich gerade in diesen Gebieten aufhält und plötzliche Repressionen durch die Polizei zu befürchten hat.

Rainer Rehak aus dem Vorstand des FIfF meint dazu:
Mit gutem Grund gibt es die verfassungsrechtliche Maßgabe, dass Menschen nicht einfach so von der Polizei durchsucht werden können. Dies nun hinterrücks über geheime kriminalitätsbelastende Orteumzusetzen, ist nicht akzeptabel. Deswegen wollen wir eine Offenlegung dieser Informationen erstreiten. Nicht einmal die erweiterten Befugnisse will die Berliner Polizei offenlegen. Dass nicht von einer unfehlbaren Staatsmacht ausgegangen werden kann, zeigte kürzlich die polizeigeschützte illegale Räumung des Erdgeschosses der Rigaer Straße 94 in BerlinWir brauchen gerade in den Arbeitsbereichen der Polizei mehr Transparenz.

Sinnvolle Begründung?

Symptomatisch ist auch die Begründung der Geheimhaltung durch die Polizei. Für die Nichtherausgabe werden ganz allgemein schwerwiegende[n] Gefährdungen für Bund, Land und Gemeinwohl herangezogen. Wir finden nicht, dass das auch nur entfernt auf die Polizeiaktionen in der Rigaer Straße anwendbar ist und vermissen eine konkrete Argumentation. Wenn solche Generalbegründungen funktionierten, so würde auf diesem Weg das gesamte Informationsfreiheitsgesetz (IFG) entkernt. Die Tendenz zu allgemeinen Phrasen bei der Ablehnung von Auskünften über staatliches Handeln zeigt sich leider seit Langem. Wir finden, dass gerade derartige Eingriffe in Persönlichkeitsrechte detailliert begründet werden müssen und lassen uns daher nicht mit Floskeln und Gemeinplätzen abspeisen.
 
Dr. Ansgar Koreng, unser Anwalt von der Kanzlei JBB, bewertet den Bescheid der Polizei so:
Insbesondere die im Bescheid des Polizeipräsidenten enthaltene These, staatliches Handeln dürfe nicht kalkulierbar oder voraussehbar sein, kann so nicht stehenbleiben. Verlässlichkeit und Berechenbarkeit des staatlichen Handelns sind tragende Werte des grundgesetzlichen Rechtsstaatskonzepts. Der Bürger muss sein Verhalten an den vom Staat gesetzten Regeln ausrichten können. Es darf nach meinem Rechtsstaatsverständnis kein Geheimnis bleiben, wenn die Polizei bestimmte Gegenden für besonders gefährlich hält und sich dort besondere Rechte gegenüber dem Bürger herausnimmt.

Darüber hinaus 

Natürlich werden wir uns wahnsinnig freuen, wenn wir die erfragten Informationen zum Thema Rigaer Straße endlich bekommen. Wir verfolgen mit der Klage jedoch auch ein Fernziel: Wir wollen, dass sich staatliche Organe, insbesondere die Polizeibehörden, grundsätzlich wieder mehr mit der Begründung ihres Handels beschäftigen (müssen). Wenn derartig folgenschwere interne Ortsklassifikationen nicht mehr mit allgemeinem Verweis auf eine besondere Sicherheitslage“ unter Verschluss gehalten werden können und wieder diskutierbar begründet werden müssen, erwarten wir dadurch auch einen Rückgang verdachtsunabhängiger Polizeikontrollen und anderer grundrechtseinschränkender Maßnahmen insgesamt.

Die Dokumente
 
Siehe auch:
Berliner Informationsfreiheitsgesetzen (IFG): § 1 Zweck
Allgemeines Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG Bln): § 21 Absatz 2 Nummer 1 (Identitätsfestellung), siehe auch § 34 Absatz 2 Nummer 2 (Durchsuchung von Personen) und § 35 Absatz 2 Nummer 2 (Durchsuchung von Sachen)
 
 

Hier kannst Du spenden

Allein die erste Instanz wird uns voraussichtlich knapp 2.500 kosten. Wir hoffen, unser Informationsfreiheitsbegehren bereits in dieser Instanz erfolgreich durchzusetzen. In der nächsten Instanz würde es natürlich teurer werden, doch wir wollen diesen rechtlichen Streit geklärt wissen, denn hier geht es um grundsätzliche Fragen. Wir wollen das soweit vorantreiben, wie es die finanziellen Möglichkeiten erlauben. Hier kommst Du ins Spiel.
 
Das FIfF-Spendenkonto bei der Bank für Sozialwirtschaft:
      • Empfänger: FIfF e. V.
      • IBAN: DE79 3702 0500 0001 3828 03 (Copy&paste: DE79370205000001382803)
      • BIC: BFSWDE33XXX
      • Betreff „Spende Klage IFG Berlin
Für Spenden bis 200,-€ gelten in Deutschland vereinfachte Nachweispflichten: Der Kontoauszug genügt dann als Spendenbescheinigung. Andernfalls stellen wir natürlich auch richtige Spendenbescheinigungen aus. Schreib dafür einfach eine E-Mail mit Namen und Adresse an buero@fiff.de (PGP: EE7B 8BE9 C9D0 E1F7 75BB 23FB C3D5 68C5 2CC7 606F)Wir werden eine transparente Kostenaufstellung veröffentlichen und natürlich über den Verlauf berichten, damit Du weißt, was mit Deinem Geld passiert.

Falls wir genug Spenden bekommen und am Ende etwas übrig bleibt, können wir das organisatorisch bedingt leider nicht einzeln zurücküberweisen und die Spendenquittungen zurückrufen, daher würden wir das Geld für weitere derartige Aktionen zurücklegen. Wie gesagt falls, denn es wird ein langer Weg. 
 
Bei Fragen kannst Du Dich gern an Rainer Rehak wenden:
   Betreff: „Klage IFG Berlin“
   PGP: 0D66 63E5 70A3 964A EE60 D927 4427 CFE5 8C19 AE19
 
Wir sind das Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung e. V.  (FIfF)
Wir sind etwa 700 engagierte Menschen aus Wissenschaft und Praxis. Wir sind Fachleute im Bereich Informatik und Informationstechnik. Wir denken bei unserer Arbeit auch über die Konsequenzen von breiter IT-Nutzung nach und wollen sie für eine Verbesserung der Gesellschaft und des individuellen Lebens verwendet wissen. Weil wir diese Expertise haben, wissen wir, dass viele der großen Probleme unserer Welt nicht technisch lösbar sind. Wir beteiligen uns an Diskursen über die Möglichkeiten, aber auch die Grenzen von Informationstechnik und von technischen Ansätzen allgemein. Die Themenpalette geht von Überwachungssystemen über Kriegsbeteiligung der Informatik bis hin zu fairen Computern.
Wir wollen allen Interessierten ein Forum für eine kritische und lebendige Auseinandersetzung mit Informationstechnik und ihren Folgen bieten – offen für alle, die mitarbeiten möchten oder auch einfach nur  informiert bleiben wollen. http://www.fiff.de/about

Stand der Dinge

15.2.2016 Erste Anfrage nach Informationsfreiheitsgesetz (IFG) über fragdenstaat.de an die Berliner Polizei
..............  kontinuierlicher Briefwechsel mit der Polizei, keine Informationsfreiheit
02.8.2016 verbale Ankündigung der Klage- und Spendenaktion in Berlin beim 51. Netzpolitischen Abend
10.8.2016 Klage beim Verwaltungsgericht eingereicht (Aktenzeichen VG 2 K 312.16)
12.8.2016 diese Spendenseite veröffentlicht
12.8.2016 Interview mit Rainer Rehak bei Netzpolitik.org
16.8.2016 Thema beim fragsenstaat.de-Podcast
05.9.2016 Erklär- und Spendenvideo veröffentlicht
05.9.2016 Kurzmeldung bei Netzpolitik.org zum Erklär- und Spendenvideo
27.11.2016 Erwähnung bei einem Vortrag auf der FIfFKon16
30.12.2016 Erwähnung bei einem Vortrag auf dem 33C3
..............  kontinuierlicher Briefwechsel mit Anwalt, Gericht und Polizei
05.4.2017 nichtöffentlicher Termin zur Erörterung des Rechtsstreits
07.6.2017 Politischer Teilerfolg, auch wegen unserer Klage
20.6.2017 Weiteres Interview mit Rainer Rehak bei Netzpolitik.org
26.6.2017 Berufung beim Verwaltungsgericht Berlin (noch andauernd)
27.12.2018 Berufung abgelehnt beim Verwaltungsgericht Berlin
 
Maximaler Spendenstand war: 3.162,49 €